Macho Man - Pressekritiken

Tribüne Berlin


PLAYS International, Winter 2011, Vol 26 Nos 3 & 4

Berlin

von Hans-Jürgen Bartsch

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Moritz Netenjakob is a stand-up comedian and a scriptwriter of television series. Two years ago he published his first novel, and a very amusing one at that. Macho Man is about a German-Turkish romance and the culture clash it entails. A stage version, arranged and directed by Gunnar Dreßler, can be admired at the Tribüne. It’s one of the best comedy shows in town.
At a beach club on the Turkish Riviera, Daniel, a diffident young German in his early thirties, who prides himself on ‘understanding and respecting women’, falls in love with Aylin, a Turkish beauty working at the club. To his amazement, she fancies him over the throng of suitors vying for her favours. Winning her over is therefore easy. Not so finding favour with her family, an immigrant clan living in Berlin, run – in accordance with Turkish tradition – by a macho father. To ease Daniel’s entry, Aylin had taught him the Turkish for ‘I greet the master of the house’, but to his consternation she has played a joke on him and made him say ‘Hello, you old pimp!’ He avoids eviction only because he happens to support the old man’s favourite football team. To another dilemma he does not find solution: should he help with the washing-up or would that make him look a wimp?
He faces many more such trying tests, all of them giving rise to hilarious situations as, for example, when Aylin’s brother takes him to a Turkish café and an all-male discothequee, or when his parents prepare for a visit to their future in-laws (‘How do you say: we are not Nazis?’). They immediately become caught up in an argument about the Greeks for whom, not surprisingly, Aylin’s father has no great esteem (‘Everything they built is kaput’) and about whether ‘olive’ is a word of Greek origin (‘Their olives taste like sheep’s piss’).
Macho Man is a one-man show. At the Tribüne, the man is called Markus Schoenen. Alone on stage for nearly two hours, he takes us through Daniel’s story in a non-stop bravura monologue. He does not recite; he speaks the lines as if he had just thought of them. He effortlessly switches from one German accent to another, including that spoken by Turkish immigrants. It’s a mesmerising performance, strongly to be recommended.
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Theater in der Basilika


Hamburger Morgenpost, 07.01.2011
Hamburger Morgenpost: Ein Softie wird zum Mann
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Hamburger Abendblatt, 07.12.2010

Weichei wird zum Macker

In der Bühnenadaption von Moritz Netenjakobs Roman Macho Man überzeugt Markus Schoenen

Theater in der Basilika. Die Sache mit den Gefühlen zwischen den Geschlechtern ist ja nicht so einfach. Erst recht, wenn noch interkulturelle Missverständnisse hinzukommen. Daniel, Kind zweier 68er-Gutmenschen, will sich für seine neue türkischstämmige Freundin Aylin in einen Supermacho verwandeln in der Annahme, dass sie darauf abfährt. Großer Irrtum, der die Beziehung um ein Haar an den Rand des Scheiterns bringt.
Gunnar Dressler, Regisseur und Betreiber des Theaters in der Basilika, setzt mit der Bühnenfassung von Moritz Netenjakobs Erfolgsroman “Macho Man” programmatisch auf einen Hit der leichteren Muse. Intimität ist bei Aylin und Daniel vor der Ehe selbstverständlich tabu. Zurück in Deutschland lernt Daniel Aylins Großfamilie kennen. Und sieht sich plötzlich beim Dialog mit dem Schwiegervater fiesen Witzen über die Griechen ausgesetzt.

Seine eigenen Eltern wiederum überschlagen sich in der Freude darüber, dass ihr Sohn mit einer “Ausländerin” zusammen ist, die es zu integrieren gilt. “Klischees haben etwas Beruhigendes”, sagt Markus Schoenen als Daniel. Ja, aber hier bildet der ungeschminkte Umgang mit ihnen die Basis des Stücks, und das ist auf die Dauer arg undifferenziert. Die Pointe unter der Gürtellinie ist hier gewollt. Schoenen überzeugt als Frauenversteher und eingeschüchtertes Weichei, das sich unvermittelt – wenn auch nur rein äußerlich – in einen grobmotorischen Hengst mit Goldkette, grauem Satinsakko, Lackslippern und Gelfrisur verwandelt.

Schoenen trägt den ganzen Abend. Muss er auch. Außer einem Koffer hat er keine Requisiten zum Festhalten. Ab und zu leistet ihm eine Türkenpopmelodie von Tarkan Gesellschaft. Ansonsten bleiben ihm nur Worte, Gesten und Grimassen. Und da gibt er alles, changiert durchaus gekonnt zwischen dem Schattenparker mit hängenden Schultern und dem breit fabulierenden Schwiegervater. Es ist die reine Freude, ihm bei seiner Verwandlungskunst zuzuschauen. […]
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Tribüne Berlin


Neues Deutschland, 22. November 2010

Antimacho

von Anouk Meyer

Daniel ist schüchtern, unbeholfen und ein Deutscher. Aylin ist schön, beliebt und eine Türkin. Trotzdem scheint sie sein Interesse zu erwidern. Kann das gut gehen? Wie sich die Liebesgeschichte zwischen dem Softie, der immer alles richtig machen will, und seiner Traumfrau mit Migrationshintergrund entwickelt, erzählt der Comedyautor Moritz Netenjakob mit treffsicherem Humor in seinem Roman »Macho Man«, den die Tribüne nun unter gleichem Titel auf die Bühne gebracht hat.

Hausregisseur Gunnar Dreßler ist in der Ein-Personen-Komödie nahe am Original geblieben und setzt ganz auf den temporeichen Witz des Buches und die schauspielerischen Fähigkeiten seines Darstellers Marcus Schoenen. Den lässt er als Ich-Erzähler Daniel die Geschichte im Rückblick aufrollen. Um die Trennung von seiner Freundin zu verdauen, fliegt der linkische Daniel in die Türkei, wo sein bester Freund Mark als Animateur in einem Club arbeitet. Auf den ersten Blick verliebt er sich in dessen Kollegin, die charmante und liebenswürdige Aylin – und was er nie zu hoffen gewagt hätte, passiert: Aylin erwidert seine Gefühle und verliebt sich in ihn, das unmännliche Weichei. Daniel schwebt auf Wolken, doch zurück in Deutschland stößt er bald auf neue Probleme: Wie soll er sich seinen türkischen Schwiegereltern in spe gegenüber verhalten? Und wie werden seine eigenen Eltern, die linksintellektuellen Alt-68er, mit der traditionsbewussten Großfamilie klarkommen?

Autor Moritz Netenjakob, im wahren Leben mit der türkischstämmigen Schauspielerin Hülya Dogan verheiratet, scheut in seinem Romanerstling kein Klischee, unterläuft aber gleichzeitig die gängigen Vorteile mit Ironie und einem guten Gespür für Situationskomik. Sicher, die eine oder andere Szene, die im Buch völlig selbstverständlich daherkommt, wirkt auf der Bühne arg aufgesetzt, so mancher Gag ist vorhersehbar. Dass man den Helden der Geschichte trotz seines infantilen Verhaltens und der furchtbaren Udo-Lindenberg-Imitation schnell ins Herz schließt, liegt vor allem an der gekonnten Darstellung durch Marcus Schoenen, der den Daniel genau so spielt, wie man ihn sich vorstellt, aber auch alle anderen Protagonisten durchaus treffend zeichnet.

Das gelingt ihm besonders gut, wenn die kulturellen Unterschiede zwischen den Milieus zum Tragen kommen, sich zum Beispiel die beiden Elternpaare erstmals kennen lernen. Wie hier der linksalternativen Akademikerszene mit ihrer aufgesetzten Toleranz ein Spiegel vorgehalten wird, ist treffend und witzig zugleich. Man ist gegen alte undemokratische Traditionen, aber für multikulturelle Integration: Wie also umgehen mit der an Formalien orientierten muslimischen Großfamilie? Das tatsächliche Zusammentreffen des hanseatischen Paares mit dem temperamentvollen türkischen Gegenpart birgt die erwartete Menge an Missverständnissen auf kultureller wie intellektueller Ebene und gehört dadurch zu den besten Szenen des Stücks.

[…] »Macho Man« [kommt] als leichtfüßige moderne Komödie daher, die ebenso sehr die (falschen) Erwartungshaltungen zwischen Mann und Frau auf die Schippe nimmt wie die Problematik einer multikulturellen Liebesbeziehung.
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Berliner Morgenpost, 18. November 2010

Wie aus einem Waschlappen ein Macho wird

von Ulrike Borowczyk

Daniel ist der typische Warmduscher. Seine Freundin hat ihn gerade verlassen, weil er ihr zu unmännlich ist. Um die deprimierende Episode zu vergessen, fliegt er nach Antalya ans türkische Mittelmeer, wo sein bester Freund Mark gerade als Animateur arbeitet.

Dann geschieht ein großes Wunder: Ausgerechnet sexy Aylin, der die gesamte Männerwelt des Clubs zu Füßen liegt, verliebt sich in Weichei Daniel. Seine Freude währt kurz, denn zurück in Berlin, muss der Waschlappen vor seiner zukünftigen türkischen Verwandtschaft bestehen.

Man nehme den Frauenversteher-Sohn dogmatisch-linker 68er-Eltern, eine in manchem, aber bei weitem nicht allen Belangen moderne, bildhübsche Tochter traditioneller Türken, schrecke auch vor peinlichen Calmund- und Lindenberg-Parodien nicht zurück, wirble alle Zutaten durcheinander – und schon hat man einen locker-flockigen, pseudo-selbstironischen Comedyroman, der vor Stereotypen strotzt. Aber einen hohen literarischen Anspruch erhebt Moritz Netenjakobs “Macho Man” wohl auch kaum.

Wieder einmal hat Regisseur und Tribüne-Chef Gunnar Dreßler einen Verkaufsschlager für die Bühne adaptiert. Diesmal ist es der erfolgreiche Debütroman des Kölner Comedians, Drehbuchautors und Gagschreibers, inszeniert als durchaus gelungene One-Man-Show in der Tribüne. Natürlich türmt sich auch auf der Bühne Klischee auf Ressentiment, werden x-mal gehörte Pointen zu Tode gequält. Besonders katastrophal ist allerdings Netenjakobs gesellschaftspolitische Botschaft, die uns sagt, am schönsten ist es ganz kleinbürgerlich am heimeligen Großfamilienherd.

Natürlich ist ein Bestseller mit mindestens einem Witz pro Halbsatz aber auch eine Steilvorlage für eine Solo-Comedyperformance – und die bietet Markus Schoenen als Daniel. Wie in einem Comicstrip grimassierend und dazu immer wieder in alle anderen Rollen schlüpfend, gibt Schoenen den Ich-Erzähler. Erst verklemmt, später in Gewissensnöten. Denn um vor der türkischen Familie nicht als Turnbeutelvergesser dazustehen, mutiert Daniel zum Macho – was Aylin auf die Barrikaden bringt. Wer vor Netenjakobs Plattitüden nicht zurückschreckt, dürfte an Schoenens rasantem Spiel allemal seinen Spaß haben.