Ladies Night - Presskritiken

tic theater, Wuppertal


Solinger Tageblatt, 16.11.2010

TiC-Theater: Am Ende wackeln die Hintern im Takt

von Tanja Heil

WUPPERTAL Im TiC-Theater strippen Männer. „Ladies Night“ ist die Bühnenadaption des Kino-Klassikers „Ganz oder gar nicht.“

Ein Waschbrettbauch sieht anders aus. Betrübt guckt Barry (Tobias Unverzagt) auf seinen Bierbauch. Doch der Schwung, mit dem er zu den rockigen Rhythmen aus dem alten Kassettenrekorder sein Hemd wegschmeißt, macht einiges wett.

Im TiC-Theater in Cronenberg herrscht „Ladies Night“, eine Bühnenbearbeitung des Kinofilms „Ganz oder gar nicht“.

Grundidee: Dave (Iljas Enkaschew) braucht dringend Geld für Miete und den Unterhalt für seinen Sohn und kommt deshalb auf die Idee, die Strip-Nummer der „Chippendales“ zu kopieren.

Ingeborg Wolff, langjähriges Ensemble-Mitglied der Wuppertaler Bühnen, kitzelt als Regisseurin jede Menge Details in Bewegung und Stimme aus ihren Schauspielern heraus, die sie vollends zu einfachen, naiven Arbeitern machen.

Im Gegensatz zu vier anderen Freunden weist Vorarbeiter Grahame (André Klem) Daves Striptease-Ansinnen weit von sich. Erst nach und nach lässt er sich darauf ein.

Am Ende wackeln die sechs dann in ihren roten Tangas tatsächlich (fast) einheitlich mit den Hintern und schwingen die Hüften, angefeuert von der Spitzenunterwäsche, die aus dem Publikum auf die Bühne fliegt. Ein perfekter Abend für Freundinnen, die ihren Spaß haben wollen.
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Staatstheater Nürnberg


Bayerische Staatszeitung, 03.01.2009

von Friedrich J. Bröder

Not macht erfinderisch, sagen sich die sechs arbeitslosen Männer und ziehen sich in den schlechten Zeiten nicht warm an, sondern ganz aus: strippen statt Hartz IV! Als Männer-Strip-Gruppe proben sie den Aufstand gegen das Arbeitsamt und lassen als “Die wilden Stiere” vor ihrem weiblichen Publikum die Hüllen fallen, um ihre “Stütze” aufzubessern. Die Sex-Komödie “Ladies Night” ist drauf und dran zum Kassenschlager der Saison zu werden und heimst in der Nürnberger Tafelhalle, dem Ausweichquartier des Staatsschauspiels, frenetischen Beifall ein, vor allem beim weiblichen Publikum.

In der Inszenierung von Kay Neumann wird die […] Männer-Show […] zum deftigen Bühnen-Klamauk: Michael Hochstrasser, Frank Damerius, Thomas Nunner, Hartmut Neuber, Marco Steeger und Thomas Dietz schenken sich nichts und zeigen (fast) alles, wenn sie in ihrer heruntergekommenen Auto-Werkstatt (Bühnenbild: Günter Hellweg) Disco-Tanz und Striptease proben. […]

Zum Finale, […] legten sie […] eine Nummer hin, die sich sehen lassen kann und alles sehen lässt, ohne dass das Publikum etwas zu sehen bekommt. Aber diesen verblüffenden Überraschungs-Gag darf man nicht verraten; den muss man in dieser herrlich schrägen Männer-Revue gesehen haben!
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Nürnberger Zeitung, 22.12.2008

von Hans-Peter Klatt

Man kann Dave manches anhängen, aber ein Schlappschwanz ist er nicht. Dass er jetzt nicht mehr mit seinem Kumpel Barry in seinen Lieblings-Pub reindarf, das lässt er sich nicht gefallen. Dann brechen die beiden eben in das brechend volle Lokal ein, in diese «Ladies Night«, wo nur Frauen zugelassen sind, weil dort die Männerstrip-Gruppe «Chippendales« auftritt.

Schon hat das Stück seine erste Schenkelklopf-Szene, und in diesem Stil wird es nun in der Tafelhalle zwei Stunden weitergehen. Michael Hochstrasser trägt als Dave zwar ziemlich dick auf, bildet aber zusammen mit dem brillanten Frank Damerius in der Rolle des Barry ein urkomisches Gespann. Binnen Minuten versetzt das Duo die Zuschauer in Hochstimmung, jede Szene wird mit Beifall belohnt.

Das Gelächter steigert sich, als ein Selbstmörder unbeholfen mit seinem Strick kämpft. Das kann nur Norman, das Muttersöhnchen, sein. Norman ist arbeitslos wie fast alle hier in dieser niedergehenden englischen Industriestadt, aber er wird damit nicht fertig. Dave und Barry geben ihm eine neue Perspektive: Er soll in ihrer Striptease-Show auftreten, mit der sie den «Chippendales« den Schneid abkaufen wollen.

Allerdings hat Norman, von Thomas Nunner herrlich vertrottelt gespielt, «Schiss, die Hosen runterzulassen«. Als er es schließlich doch tut, steht er in schlapperigen knielangen Liebestötern da: Das Publikum tobt, die wohl über 70-jährigen Damen in der zweiten Reihe biegen sich vor Vergnügen. Mit einer Zeitungsanzeige suchen die drei nun nach weiteren Mitstreitern für die Gruppe «Die wilden Stiere«, die zunächst «Geile Teile« heißen sollte.

Ob wild oder geil – Gavin, der sich als erster meldet, ist jedenfalls stockschwul. Die anderen meinen, dass er weder tanzen oder schauspielern könne noch sonst zu irgendwas zu gebrauchen sei. Aber da entblößt er seinen Unterleib. Zwar wendet sich Marco Steeger dabei vom Publikum ab, doch an der Reaktion, den hervortretenden Augen von Dave und Barry, wird klar, um welche Ausmaße es sich handelt. «Das wird ein Riesending«, sagt Gavin zufrieden, als er in die Strip-Gruppe aufgenommen ist.

Gewiss, die Dialoge lappen immer wieder ins schmuddelige Reich der Zote. Aber so frisch und temperamentvoll wie das Ensemble mit dem Text von Stephen Sinclair und Anthony McCarten umspringt, geraten selbst Kalauer zum ungetrübten Spaß. Darsteller mit einer derart selbstironischen, lockeren Haltung dürfen einfach alles. Regisseur Kay Neumann lässt es zu, dass jeder seinem Affen Zucker gibt, und das ist in diesem Falle gut so.

Gaudi mit sozialem Hintergrund

Hartmut Neuber und Thomas L. Dietz vervollständigen nun die Truppe, jeder bringt einen neuen, selbstverständlich komischen Strip-Stil aber auch seinen individuellen Hintergrund mit. Neuber zum Beispiel scheitert als Grahame bei einem Vorstellungsgespräch – der soziale Hintergrund, die Arbeitslosigkeit mit ihren verheerenden familiären Folgen, ist somit stets präsent. Im zweiten Teil lässt die Regie sogar Raum für ruhigere, nachdenklichere Passagen, in denen die wackeren Männer von Zweifeln und Animositäten befallen werden.

Der Gaudi tut das jedoch keinen Abbruch, denn letztlich steuert das Ganze auf die titelgebende «Ladies Night« zu – den Abend, an dem sich das Sex-Sextett, zur Linderung seiner Finanznöte, völlig auszieht und damit die prominenten «Chippendales« übertrifft. […]

Wenn man das Thema nicht grundsätzlich ablehnt und dem seriösen Staatstheater auch das derbere Unterhaltungsrecht zubilligt, dann stimmt bei dieser Produktion einfach alles. Die Inszenierung ist ausgesprochen flott, mit perfektem Timing und fetziger Musik. Die Darsteller legen eine überbordende Spielfreude an den Tag […]. Die schwungvolle Choreografie (Olatz Araboalaza) unterstützt die Handlung dezent, ohne sich als eigene Kunstform etablieren zu wollen. […]

Diese Inszenierung hat offenbar das Zeug zum Knüller und Dauerbrenner: Was «Sekretärinnen« zustandebringen, das können echte Kerle auch.